Verweisen auf günstigere Werkstatt – unter welchen Voraussetzungen kann eine Versicherung das tun?

OLG München – Az. 10 U 5397/21 – Gegnerische Haftpflichtversicherungen versuchen nach einem Verkehrsunfall nicht selten, die eigene Leistungspflicht möglichst gering zu halten oder gar ganz zu vermeiden. Dafür bedienen sich Versicherungen unter anderem gerne der Verweisung auf eine günstigere Werkstatt als die vom Geschädigten gewählte. Solche Verweise sind allerdings nicht immer zulässig und beschäftigen regelmäßig die Gerichte. Ab wann ist eine Werkstatt „zu teuer“ und ab wann ist es dem Geschädigten zumutbar, auf eine „günstigere“ verwiesen zu werden?

Mit dieser Frage hatte sich nun erneut das OLG München  zu beschäftigen. Kläger war der Eigentümer und Halter eines Fahrzeugs, das im Rahmen eines Verkehrsunfalls mit dem Beklagten erhebliche Sachschäden erlitten hat. Der geschädigte Kläger wollte den ihm entstandenen Schaden fiktiv abrechnen. Seiner Berechnung lagen dabei die Kosten, die bei einer Markenwerkstatt entstünden, zugrunde. Die gegnerische Versicherung verwies daraufhin auf eine andere Werkstatt, deren Kosten deutlich geringer wären als die die bei der vom Kläger ausgesuchten Werkstatt entstünden – zu Recht, so das OLG München.

Aus folgenden Gründen:

Der Entscheidung des Gerichts lag die Frage zugrunde, ob die günstigere, von der Versicherung vorgeschlagene Werkstatt, für den Kläger mühelos erreichbar gewesen wäre. Dies bejahte das Gericht.

Es führte aus, dass von einer mühelosen Erreichbarkeit ausgegangen werden kann, wenn die Werkstatt auf öffentlich zugänglichen Straßen nicht weiter als 20 km vom Wohnort des Geschädigten entfernt liegt oder wenn die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln in unter einer Stunde möglich ist. Die Luftlinie ist nicht ausschlaggebend. Auch muss die günstigere Werkstatt eine vergleichbare Qualität liefern wie die Markenwerkstatt.

Letztlich verdeutlichte das OLG in seiner Entscheidung aber auch, dass es sich stets um eine Einzelfallentscheidung handelt.

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