Bayrischer Verwaltungsgerichtshof – Az. 11 BV 22.1234 – der BayVGH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem dem Kläger die Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug entzogen worden ist. Die Neuerteilung dessen wurde nach Ablauf der Sperrfrist verweigert, da der Kläger kein medizinsch-psychologisches Gutachten vorlegte. Einige Monate nach der Trunkenheitsfahrt des Klägers wurde dieser erneut mit einem Promille-Wert von 1,24 Promille auf einem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug angetroffen. Die zustände Fahrerlaubnisbehörde untersagte dem Kläger in der Folge das Führen sämtlicher fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge und stützte seine Entscheidung auf § 3 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).
Gem. § 3 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen erweist.
Der Kläger wehrt sich unter Zugrundelegung folgender Argumentation gegen die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde:
§ 3 FeV sei rechtswidrig, da dieser mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. y StVG a.F. auf einer unzureichenden Ermächtigungsgrundlage beruhe. Letzterer genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot, da er nicht definiere, welche Maßnahmen der Verordnungsgeber in Bezug auf die Teilnahme mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen im Straßenverkehr und unter welchen Voraussetzungen vorsehen dürfe und welche Gründe für Zweifel an der Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge vorliegen müssten. Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge haben ein deutlich geringeres Gefährdungspotential als fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge. Dieser Punkt sei vom erstinstanzlichen Gericht, das die Klage des Klägers vollumfänglich abwies, nicht geprüft worden. Da der Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde auf einer ungültigen Rechtsgrundlage beruhe, sei er aufzuheben.
Der VGH gab der Klage statt und erachtete sie als zulässig und begründet. Der Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde, der dem Kläger das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr untersagt hat, sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, da die Rechtsgrundlage des § 3 FeV nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genüge. Der Bescheid ist somit aufzuheben.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund erheblicher Verkehrsverstöße führt somit nicht grundsätzlich dazu, dass auch fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge (E-Scooter, dreirädriges Mofa etc.) nicht mehr geführt werden dürfen. Es ist - insbesondere mit Blick auf diese gerichtliche Entscheidung - durchaus ratsam, sich anwaltlich vertreten zu lassen, wenn man einen ähnlichen Bescheid wie der Kläger erhält.
Das Untersagen des Führens auch fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist zwar nicht unmöglich. Es müssen jedoch eindeutige Hinweise vorliegen, die die Ungeeignetheit einer Person auch zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen begründen. Eine Übertragung der Maßstäbe, mit denen die Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (erlaubnispflichtig) geprüft wird, sei nach Ansicht des VGH wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotentials nicht möglich.