Unfallfahrzeuge – BGH klärt den merkantilen Minderwert

BGH – Az. VI ZR 188/22 – Klägerin ist die Eigentümerin und Halterin eines Fahrzeugs, das bei einem Verkehrsunfall nicht unerheblich beschädigt worden ist. Die Klägerin ließ das Fahrzeug reparieren und machte einen merkantilen Minderwert in Höhe von 1.250,00 € geltend. Der Beklagte zahlte lediglich 700,00 €. Mit der Klage machte die Klägerin die Differenz in Höhe von 550,00 € geltend.

Streitig und letztlich sogar vom BGH zu entscheiden war, ob vom merkantilen Minderwert ein Umsatzsteueranteil abzuziehen ist. An Einigkeit zwischen den Gerichten mangelte es im Wesentlichen. Das erstinstanzliche Amtsgericht gab der hiesigen Klage überwiegend statt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht in zweiter Instanz das Urteil des AG abgeändert und lediglich in Höhe von 300,00 € aufrechterhalten.

Aber was genau ist ein merkantiler Minderwert und wie berechnet er sich?

Der merkantile Minderwert ist etwas, das insbesondere von Laien oft nicht vollumfassend verstanden wird. Auch von Anwälten wird dessen Berücksichtigung nicht selten vergessen. Das führt dazu, dass der Geschädigte letztlich weniger erhält, als ihm zusteht.

Was ist ein merkantiler Minderwert?

Der merkantile Minderwert bezeichnet den Wertverlust, den ein Fahrzeug durch einen Unfallerfahren hat. Dabei ist es unerheblich für die Berechnung, ob das Fahrzeug anschließend repariert worden ist; ein Unfallfahrzeug bleibt ein Unfallfahrzeug.

Wie berechnet sich der merkantile Minderwert?

Das kann man so pauschal leider nicht sagen und ist vielmehr einzelfallabhängig. Grundsätzlich kann man aber feststellen, dass der merkantile Minderwert bei Neuwagen deutlich höher ausfällt als bei älteren und schon lange genutzten Fahrzeugen. Ist ein Fahrzeug älter als fünf Jahre, kann man oftmals gar keinen merkantilen Minderwert mehr geltend machen. Problematisch an der Berechnung ist, dass es sich um einen fiktiven Wert handelt, der nicht an bestimmten Kriterien festgemacht werden kann. Berücksichtigt werden bei dessen Berechnung in der Regel das Fahrzeugalter, der Umfang des durch den Unfall eingetretenen Schadens etc. In der Rechtsprechung werden verschiedene Methoden zur Errechnung des Wertes genutzt. Problematisch daran ist wiederum, dass diesen Methoden unterschiedliche Elemente zugrunde liegen, sodass letztlich – je nach Berechnungsmethode – unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden.

Eine weitere zentrale Frage, die vom BGH nun geklärt worden ist, lag darin, ob der Umsatzsteueranteil vom merkantilen Minderwert abzuziehen ist.

Wo ist der merkantile Minderwert geltend zu machen?

Der Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwertes nach einem Verkehrsunfall ist bei der KFZ-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners anzumelden.

Die Revision der Beklagten hatte letztlich Erfolg – der Umsatzsteueranteil ist vom merkantilen Minderwert abzuziehen, so der BGH. Aus folgenden Gründen:

Beim merkantilen Minderwert handele es sich um eine Minderung des Verkaufswertes, die trotz vollständiger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeug allein deshalb verbleibt, weil Unfallfahrzeuge – trotz Reparatur – auf dem Gebrauchtwagenmarkt einen geringeren Preis als unfallfreie Fahrzeuge erzielen.

Wurde der merkantile Minderwert ausgehend vom Bruttoverkaufspreis geschätzt, ist ein dem Umsatzsteueranteil entsprechender Betrag abzuziehen. Zur Bemessung des Minderwertes wird geschätzt, um wie viel geringer der mit dem Unfallfahrzeug erzielbare Verkaufspreis bei einem gedachten Verkauf im Vergleich zum erzielbaren Verkaufspreis ohne Unfall wäre. Diese Differenz ist unabhängig davon zu ersetzen, ob der Geschädigte das Fahrzeug nach der Reparatur verkauft oder selbst behält.

Bei der Berechnung des merkantilen Minderwertes ist somit auf den Nettoverkaufspreis abzustellen, denn der Geschädigte müsste bei einem gedachten Verkauf die erhaltene Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen; könnte sie also nicht behalten. Die Umsatzsteuer wäre nur ein „durchlaufender Posten“. Würde man den Umsatzsteuerbetrag nicht abziehen, käme es ungerechtfertigter Weise zu einer Bereicherung des Geschädigten.

Wichtig: hat der Geschädigte das Fahrzeug privat gekauft; handelte es sich also nicht um einen Verkauf, der der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, gilt etwas anderes. In einem solchen Fall dürfte dem Käufer keine Umsatzsteuer vom Verkäufer in Rechnung gestellt werden, sodass auch bei der Berechnung des merkantilen Minderwertes keine Umsatzsteuer abzuziehen ist.

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