BayOLG – Az. 200 3 StR R. 504/21 – Das Bayrische Oberlandesgericht hatte in einem Fall des Kennzeichenmissbrauchs zu entscheiden. Aber was ist ein Kennzeichenmissbrauch? Dieser Verbotstatbestand der StVG ist recht unbekannt und doch von nicht unwesentlicher Bedeutung, droht im Falle des Missbrauch schon eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
Was ist ein Kennzeichenmissbrauch?
Der Kennzeichenmissbrauch ist in § 22 des Straßenverkehrsgesetzes unter Strafe gestellt. Er ist immer dann erfüllt, wenn jemand in rechtswidriger Absicht ein Fahrzeug oder einen Anhänger, für den ein amtliches Kennzeichen nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit einem Zeichen versieht, das geeignet ist, den Anschein amtlicher Kennzeichnung hervorzurufen
oder
wenn jemand ein Fahrzeug oder einen Fahrzeuganhänger mit einer anderen als der amtlich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht
oder
wer das an einem Fahrzeug oder einem Anhänger angebrachte amtliche Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt.
Das bedeutet vereinfacht:
Ein Kennzeichenmissbrauch liegt beispielsweise vor, wenn gefälschte Kennzeichen verwendet oder ein amtliches Kennzeichen an einem anderen als dem für das Kennzeichen vorgesehene Fahrzeug verwendet wird. Das liegt darin begründet, dass KFZ-Kennzeichen der zweifelsfreien Identifikation und Zuordnung eines Fahrzeugs dienen, die im Falle des Missbrauchs nicht mehr gewährleistet ist.
In Absatz 2 der Norm wird klargestellt, dass selbiges in den Fällen gilt, in denen Personen auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von einem Kraftfahrzeug oder einem Fahrzeuganhänger Gebrauch machen, von denen sie wissen, dass die Kennzeichnung in der in Abs. 1 bezeichneten Art gefälscht, verfälscht oder unterdrückt worden ist.
Im vom Bayrischen OLG zu entscheidenden Fall stellte ein Betroffener seinen Fahrzeuganhänger am Straßenrand ab – mit einem anderen als für den Anhänger vorgesehenen Kennzeichen. Aber was ist das Besondere an diesem Fall, scheint er auf den ersten Blick doch eindeutig den Tatbestand des § 22 Abs. 2 StVG zu erfüllen?
Die „Krux“ liegt darin, dass der Anhänger vom Betroffenen zum entscheidenden Zeitpunkt nicht in Benutzung genommen wurde, sondern lediglich am Straßenrand stand. Insofern stellte sich die Frage, ob das falsche Kennzeichen gebraucht/verwendet worden ist.
Ja – nach Ansicht des BayOLG. Das Gericht war der Ansicht, dass auch das Abstellen eines Anhängers am Straßenrand ein „Gebrauchmachen“ dessen darstellt, da dieser im öffentlichen Verkehrsraum am Straßenrand abgestellt wurde. § 22 Abs. 2 StVG hat im Sinn, dass auch von Fahrzeuganhängern schnell und zuverlässig der Halter dessen festgestellt werden kann.
Zudem könne auch von einem Fahrzeuganhänger eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen. Es liege im öffentliche Interesse, dass auch bei Anhängern der Fahrzeughalter über das Kennzeichen problemlos ermittelbar ist.