Schadensersatzansprüche trotz Verstoßes gegen Überholverbot? Das ist möglich!

OLG Celle – Az. 14 U 122/23 – Das Oberlandesgericht Celle hatte im März 2024 über die Berufung eines klägerischen Fahrzeugführers zu folgendem Sachverhalt zu entscheiden:

Der Kläger ist Halter eines Motorrads BMW, der Beklagte ist Halter einer landwirtschaftlichen Zugmaschine mit Heuwender, die eine Gesamtlänge von 9 Metern aufweist. Der Kläger fuhr Anfang des Jahres mit seinem Motorrad auf einer Landstraße hinter dem Fahrzeug des Beklagten. Dort setzte der Kläger linksseitig zum Überholen des Beklagten an. Der Beklagte wiederum begann mit seinem Abbiegevorgang in die links gelegene Einmündung. Dabei kam es zur Kollision zwischen Kläger und Beklagtem, die u.a. Verletzungen des Klägers zur Folge hatte.

Der Kläger machte klageweise Schadensersatzansprüche in Höhe von ca. 10.000 € aus §§ 7 StVG, 115 VVG sowie Schmerzensgeld in Höhe von 11.500 € gem. § 253 Abs. 2 BGB geltend. Dieser Klage wurde anteilig stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf 50% der von ihm geltend gemachten Ansprüche.

Auf dem Streckenabschnitt, auf dem der Kläger den Überholvorgang vornahm, herrschte ein Überholverbot. Dies berücksichtigend, scheint es kaum nachvollziehbar, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachten Ansprüche hälftig zugesprochen wurden.

Das OLG Celle begründete seine Entscheidung wie folgt:

Nicht nur der Kläger habe mit dem unerlaubten Überholvorgang gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen. Dem Beklagten ist ebenso ein Verstoß zur Last zu legen. Er habe die Pflicht zur doppelten Rückschau verletzt. Ferner kommt dem Fahrzeug des Beklagten eine deutlich höhere grundlegende Betriebsgefahr zu als dem des Klägers, die mit 30% bemessen worden ist. Beide Verstöße seien gleichermaßen unfallkausal, sodass sich eine Quote von 50% ergebe.

 

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